Supta guruprasadena yada jagarti kundali
Tada sarvani padmani bhidyante ghranthayo’pi ca
Nur wenn die schlafende Kundalini durch die Gnade des Gurus erweckt wird, werden alle padmas (Lotusse – chakras) und die granthis (Knoten) geöffnet.
Hatha Yoga Pradipika III.2
Das Sanskrit-Wort granthi bedeutet “Knoten” oder “Zweifel” und bedeutet auch “Knoten, der besonders schwer zu lösen ist.” Menschen in Indien, die einen sari oder ein dhoti Tuch tragen, formen einen kleinen Beutel, um Geld zu halten, und schließen es durch Verknoten des Stoffes ein. Dieser fest verknotete Geldbeutel wird als granthi bezeichnet. In der spirituellen Praxis sind granthis psychologische oder psychische Barrieren zur absoluten Freiheit. Granthis verhindern, dass prana sich frei nach oben durch sushumna nadi bewegen kann. Granthis halten die Seele fest; sie ketten uns an unsere Fehleinschätzung der Realität (avidya) und des Selbsts (asmita). Sie binden uns an unsere Präferenzen (raga und dvesha) und verwurzeln uns mit der Angst vor dem Tod (abhinivesha). Wissen (jnana) ist eine Schlüsselkomponente, um Angst zu überwinden und gemeinsam mit der Handlung (karma) beflügelt sie unsere spirituellen Wünsche – den Aufstieg der Kundalini.
Die hathayoga Methoden zur Entfesselung dieser Knoten sind die bandhas oder Energieverschlüsse. Durch die Fokussierung der pranas in Sushumna Nadi erhöhen die bandhas die Wirksamkeit der aufsteigenden Kundalini, so dass wir die normalen Einschränkungen des Denkens und Handelns überwinden.
Brahma Granthi befindet sich an der Basis der Wirbelsäule zwischen Muladhara Chakra und Svadhisthana Chakra, wo primitive Gehirnfunktionen wie der “Kampf- oder Flucht-Reflex” das Überleben garantieren. Angst vor dem Tod, Sorge um Nahrung, Unterkunft und Kleidung, oder allgemeiner Mangel an Erdung, alle manifestieren sich als Brahma Granthi. Wenn du Angst in einer Asana wie Handstand oder Spagat erlebst, und die Furcht selbst den Erfolg verhindert, dann ist das Brahma Granthi. Mangel an Freizeit kann Teil dieser Blockade sein. Wenn deine Rechnungen und Mietzahlungen dich bei der Arbeit und von Yoga entfernt halten, ist das Brahma Granthi.
Mula (Wurzel) Bandha ist die Erstkonsolidierung von prana und apana und durchstösst Brahma Granthi. Vitalität, Gedanken, Atem und Sprache vereinen sich auf der Suche nach Wahrheit. Dieser Wurzelverschluss kann die ganze Zeit gehalten werden, und verwandelt alles was wir tun in einen heiligen Akt.
Vishnu Granthi verknotet Energie zwischen Manipura Chakra und Anahata Chakra. Dieser Granthi ist ein Knoten des individuellen Ichs und der Macht. Unser Festhalten an Ego, Selbstwertschätzung und das Streben nach persönlicher Macht können den spirituellen Erfolg verlangsamen. Angst ignoriert zu werden oder Prestige zu verlieren kann unser spirituelles Wachstum quälen. Dies ist ein Knoten der Macht und Manipulation, aber auch der Knoten der Akkumulation. Die Anhäufung von Macht, Besitz und Ruhm, all das bindet uns auf dieser Ebene des Bewusstseins. Um diese Ebene des Bewusstseins zu überwinden, müssen wir “die Liebe zur Macht für die Macht der Liebe aufgeben!“ Der Grad der Verwundbarkeit, den wir im Leben zeigen – die Fähigkeit, unsere Fassade beiseite zu legen und unseren eigenen Status Quo in Frage zu stellen, löst Vishnu Granthi.
Uddiyana (nach oben fliegendes) Bandha ist die zweite Vereinigung von Prana, Apana und Samana vayus. Zusammen mit Mula Bandha angewendet, durchbohrt dieser Verschluss Vishnu Granthi. Das Individuum ist in der Lage, die Individualität zu überwinden. Der ganze Bauch wird nach innen und oben gezogen- als Symbol für den Verzicht auf Akkumulation und die Konzentration der Energie nach oben in Richtung Anahata Chakra.
Rudra Granthi ist zwischen Anahata und Ajna Chakras festgeknotet. Die Attraktivität herzzentrierter Handlungen und die Erfahrung, anderen zu dienen, können den Yogi ablenken, der anstrebt, “Liebe selbst” zu sein – und sie nicht nur erleben möchte. Anderen zu dienen ist ein völlig zufriedenstellender Weg, sein Leben zu verbringen, aber dieser Dienst könnte zu einem Kreuz werden, wo man Ressentiments gegen andere Personen hegt und sie als niedere Wesen sieht. Wir müssen danach streben, Andersheit zu überwinden und die “Einheit des Seins” in den höchsten Ebenen des Bewusstseins zu erleben – und dann den Kreis zu schliessen, indem wir dieses Bewusstsein in unsere mitfühlenden Handlungen bringen. Wenn wir frei von der Illusion der Andersheit werden, entstehen unsere Handlungen spontan aus Liebe. Jalandhara Bandha befähigt diesen Sprung des Bewusstseins.
Die vollendete Vereinigung von Prana geschieht durch Jalandhara Bandha (Wolken fangender Kinnverschluss oder Netzverschluss – für das Netzwerk der Nadis im Nacken), wenn Prana, Apana, Samana und Udana vayu in Sushumna Nadi Rudra Granthi auflösen, und der Schleier der Trennung aufgehoben wird.
März 2015- David Life
Copyright Deutsche Übersetzung: Jivamukti Berlin GmbH. Die Originalfassung findet sich hier: https://jivamuktiyoga.com/teachings/focus-of-the-month/p/untying-knots-bind-us
Translation by – Jivamukti Berlin GmbH Team