Yoga ist ein Wort, das ein sehr weites Spektrum umfasst. Es kann sich sowohl auf eine Praxis als auch auf Endergebnisse beziehen. Es gibt Yogatraditionen, die aus dem Himalaya stammen, und solche, die neu erdacht und in den Westen gebracht wurden. Das Wort Yoga hat in vielen Kreisen an Bekanntheit gewonnen, und wahrscheinlich hast du schon einmal jemanden gefragt: „Welche Art von Yoga praktizierst/lernst du?“. Es besteht ein gewisses Verständnis dafür, dass es verschiedene Methoden gibt, die jeweils ihre eigenen Interpretationen, Lehren und Überzeugungen haben. Wir leben in einer Welt, die voll von nama (Name) und rupa (Form) bzw. Unterschieden ist. Unterschiede sind wichtig, insbesondere, wenn wir auf der Suche nach einer spirituellen Praxis sind. Bevor wir wirklich in eine Tradition oder Methode eintauchen, müssen wir zunächst einer Reihe von sehr einfachen Fragen nachgehen: Wonach suche ich und stimmt diese Methode/Tradition mit meinen Werten überein?
Auf den ersten Blick mag es überflüssig erscheinen zu sagen, dass wir alle anders sind. Und doch ist das wichtig und spiegelt sich auch in den verschiedenen Traditionen und Methoden wider. Diese können in wichtigen Fragen subtile Unterschiede aufweisen und beispielsweise das Augenmerk auf Rituale oder den Dienst legen. Je nachdem, wo diese Unterschiede liegen, fühlen wir uns zu bestimmten Methoden hingezogen und lehnen andere ab. Was zieht uns überhaupt zu einer „spirituellen Praxis“? Was hoffen wir zu erreichen – wonach suchen wir? Eine spirituelle Praxis kann uns zum Teil deshalb ansprechen, weil wir das Gefühl haben, dass etwas in uns selbst nicht stimmt oder nicht verwirklicht ist. Es kann auch sein, dass wir die Kernkonzepte, die wir über die Welt um uns herum gelernt haben, in Frage stellen. Dieses Infragestellen wiederum kann zu Unbeständigkeit oder Unzufriedenheit führen, während wir die Nöte, das Leid oder die Vergänglichkeit der Welt erleben. Vielleicht stellen wir fest, dass das, was einst unser grundsätzliches Verständnis der Welt war, nicht mehr zufriedenstellend ist – und so „beginnt“ unsere spirituelle Reise.
Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Traditionen und Methoden spielen eine wichtige Rolle, denn: Wie sollen wir jemals die nötige Ausdauer entwickeln, um eine Praxis aufrechtzuerhalten, wenn die Grundlagen der Methode nicht mit unseren aktuellen oder gewünschten zentralen Werten übereinstimmen? Möglicherweise lernen wir charismatische Lehrende oder andere Praktizierende kennen, die wir bewundern – doch wenn dieser Weg nicht zu uns passt, werden wir ihm nicht die Zeit widmen, die für eine Entfaltung seiner Wirkung notwendig wäre. So kann es sein, dass wir in der Beziehung zur Methode nicht die gewünschte stabile und freudvolle Verbindung wiederfinden. Beim Erforschen und tiefen Eintauchen in die Grundlagen der einzelnen Traditionen erhalten wir Einblick in unsere eigenen grundsätzlichen Überzeugungen. Hilfreiche Fragen in diesem Prozess sind: Wohin will mich diese Methode führen? Wie komme ich dorthin?
Das Wort Jivanmuktih bedeutet zum Beispiel ursprünglich „jemand, der zu Lebzeiten befreit ist; jemand, der immer noch in der Welt handelt, der von Anderen immer noch als Individuum wahrgenommen wird, bei dem das getrennte Selbst aber nicht mehr der Erfahrungskern ist“. Das Ziel ist es, noch zu Lebzeiten transzendentales Bewusstsein zu erlangen, anstatt für eine Zeit nach dem Sterben dieses Körpers zu praktizieren oder zu versuchen, die Praktiken zu nutzen, um diesen Körper und diese Welt hinter sich zu lassen. Vielleicht werden wir nicht in diesem Leben erleuchtet werden – das ist in der Tat ein sehr hohes Ziel. Es kann jedoch sein, dass wir auf dem Weg zur Freiheit oder Befreiung schrittweise bewusster, freundlicher, fürsorglicher und mitfühlender werden.
Jivamukti basiert auf den 5 Grundsätzen Ahimsa: Gewaltlosigkeit; Bhakti: Hingabe; Dhayāna: Meditation; Nāda: Klang und Śastra: Das Studium der Schriften der Meister:innen. Mittels dieser Grundlagen können auf der Reise viele Praktiken angewandt und künstlerische Kreativität hervorgebracht werden. Das einzige, worum wir gebeten werden, ist, uns an das Ziel der Freiheit oder Befreiung zu erinnern. Wenn unser Geist abschweift, wird die Basis wird uns stützen und uns zurückbringen. Alles, was wir tun müssen, ist, uns einen Moment Zeit zu nehmen, um innezuhalten. Stehen unsere Handlungen im Einklang mit dieser Basis oder bauen sie auf ihr auf? Fühlen wir diese stabile und freudvolle Natur dank unserer Verbindung und Praxis stärker? Wollen wir immer noch das, was wir früher von der Yogapraxis wünschten? Was will Yoga von uns?