FOKUS DES MONATS AUGUST 2016: Krishna, Buddha, und was bedeutet universelles Mitgefühl?

by Yogeswari |
August, 2016
Shri Krishnah sharanam mama
Ich nehme Zuflucht bei dem all-anziehenden Gott Krishna, der die wahre Identität allen Seins ist.
Sharanam bedeutet Zuflucht. Dieses wunderschöne Initiationsmantra aus der indischen Tradition des Pushtimarg lädt uns ein, Zuflucht zu suchen, insbesondere dann, wenn wir von starken Emotionen geleitet werden. Wut, Hass und Angst machen uns verschlossen gegenüber Liebe und Mitgefühl. Zuflucht zu suchen beinhaltet die Kapazität, innezuhalten und bestimmte Werkzeuge und Techniken einzusetzen – im konkreten Fall die Wiederholung des Mantras – um uns selbst vor einer übereilten Reaktion zu schützen. Es ist gleichbedeutend damit, zu antworten, nicht zu reagieren. Stattdessen beschäftigen wir unseren Geist mit etwas beruhigendem, was uns Zeit verschafft und uns wieder in Kontakt mit unserer wahren Essenz bringt: grenzenlose Liebe und Mitgefühl, Krishna. Eine Situation von diesem Bereich aus zu lösen birgt weitaus konstruktivere Ergebnisse. Es gibt uns die Fähigkeit, den Kreislauf der Gewalt und den der Eskalation von Konflikten zu stoppen. Auch wenn die andere Seite die Kooperation verweigert oder sich angegriffen fühlt – die Zuflucht im Mantra reinigt unser Herz und unseren Geist, und führt uns vom Getrenntsein zur Einheit.
Mantren überkommen den kalkulierenden Intellekt und erwecken ein Gefühl von Liebe und Anmut, lassen Stück für Stück die Mauern, die wir um unsere Herzen gebaut haben, schmelzen. Die Vibration des Sanskrit hat eine tiefgründige, umgestaltende Wirkung auf zellulärer Ebene. Yogi Bhajan beschreibt, wie das Singen von Mantren unser elektromagnetisches Feld und die Denkmuster beeinflusst, die Hauptdrüsen und sogar die Ausgeglichenheit des Blutes. Mantren können unsere Psyche völlig verändern. Asana und Meditation haben vergleichbare Effekte, sie rufen einen geistigen Fokus und eine Veränderung auf energetischer Ebene hervor, die sich über gewohntes, konditionieres und reaktives Verhalten hinwegsetzen.
Alle großen spirituellen Traditionen stimmen darin überein, dass Liebe und Mitgefühl die wichtigsten Qualitäten für die Erhaltung und den Schutz des Lebens sind. Jede Tradition hat eine Person, die Liebe und Mitgefühl in Perfektion verkörpert. In der Hindu/Yoga Tradition ist es Krishna, eine Inkarnation Vishnus, dem Erhalter des Universums. Er wird oft als Kind dargestellt, dessen entwaffnende Qualitäten uns zu uneingeschränkter Liebe inspirieren. Im Buddhismus ist es der höchste bodhisattva, Avalokiteshvara, der ein heiliges Gelübde abgelegt hat, allen fühlenden Wesen in schwierigen Zeiten beizustehen, und seine eigene Buddhaschaft zu verschieben, bis er jedem einzelnen geholfen hat, das Nirvana zu erreichen. Sein Mantra ist Om mani padme hum, welches bedeutet, dass Mitgefühl, genau wie eine Lotusblüte, die aus dem Schlamm wächst, oft erst wirklich durch enormes Leid und große spirituelle Herausforderungen entsteht. Im Christentum ist Jesus die ikonische Figur, dessen Geschichte viele Parallelen zu der von Krishna hat. Krishna wurde in einem Gefängnis geboren, Jesus in einem Stall, und beide mussten große Teile ihres Lebens im Exil verbringen. Wenn wir es zur Praxis machen, ernsthaft über diese beiden erleuchteten Wesen nachzudenken, tun wir unser Bestes, ihre Leuchtkraft in uns zu erwecken und unser Leben ihrem Beispiel anzupassen.
Schwester Chan Khong, eine Buddhistische Nonne ordiniert bei Thich Nhat Hanh, erlebte unvorstellbares Leid während des Vietnamkriegs und wurde eine der herausragendsten lebenden Verkörperungen von Mitgefühl in unserer Zeit. Obwohl sie einen Abschluss in Biologie hatte, war es immer ihre Hauptmission, den Hungrigen und Armen Essen zu geben. Was ihren Dienst noch kraftvoller machte war, dass sie immer unter falscher Identität dienen musste, um die Empfänger ihrer Hilfe nicht in Gefahr zu bringen. Viele Male hat sie ihr eigenes Leben riskiert, wenn sie auf ihrem Fahrrad auf den Straßen von Saigon den Kugeln und Bomben ausweichen musste. Eines Tages waren nach einem Bombenanschlag die Straßen bedeckt mit toten Körpern, und die Regierung kümmerte sich nicht um die Reinigung der Straßen. Die Gemeinschaft von Mönchen, Nonnen und Friedensarbeitern nahmen es selbst in die Hand, die Leichen von den Straßen zu entfernen und ihnen eine angemessene Beerdigung zu bereiten. Sie konnten diese extrem schwierige Aufgabe nur meistern, weil sie im Atem und im Mantra Zuflucht nahmen. Als Bootflüchtlinge im benachbarten Südostasien an Land kamen, hatten die Regierungen angeordnet, alle wieder zurück auf das Meer auszuweisen, wo sie wahrscheinlich ertrunken wären. Für Chan Kohong war es die erste Priorität Leben zu retten, und im Bemühen, sinnlose Regeln und inhumane Praktiken zu umgehen, mussten Verkleidungen benutzt, Gesetze gewaltfrei umgangen und Menschenrechtsverletzungen an die internationale Presse weitergegeben werden. Sie wurde aus Vietnam ausgewiesen, getrennt von Familie und Freunden, verbannt aus Ländern, die ihre Grausamkeiten nicht entblößen wollten. Manchmal wurde sie von starken Emotionen überwältigt und fing unkontrolliert zu schluchzen an, bis sie sich daran erinnerte, Zuflucht in ihrem Atem zu nehmen. Sie und ihr sangha übten Gehmeditation, um die Kunst zu lernen, ihre Gefühle zu beruhigen, bevor man handelt. Aus dieser Praxis entwickelte sich die Fähigkeit, Verständnis und Mitgefühl für die Menschen aufzubringen, die die Gräueltaten begehen.
Mitgefühl ist ein großes Wort, das oft trivialisiert wird. Die meisten von uns sind so konditioniert, dass sie sehr selektiv sind, was ihr Mitgefühl angeht. Wir sind eventuell in der Lage, einen gewissen Grad an Mitgefühl gegenüber unserer Familie und Freunden aufzubringen, aber gleichgültig denjenigen gegenüber, die auf der anderen Seite der Welt leben, nicht wie wir aussehen oder eine andere Sprache sprechen. Chan Khong beschreibt, dass sie bei ihrer Rückkehr nach Paris nach ihrer Ausweisung aus Singapore zunächst angeekelt war, als sie die Menschen essend, trinkend, lachend und das Leben genießend in den Cafés sitzen sah. Wussten sie nicht, dass ihre Mitmenschen im Meer ertranken? Durch das Üben von Yoga lernen wir, dass Mitgefühl keine Unterschiede macht. Wie die Gründerin von PeTA, Ingrid Newkirk, sagt, “Manche Menschen glauben, Mitgefühl sei eine begrenzte Ware, wie ein Kuchen, der nur ein paar Stücke hat.”
— Yogeswari
 
Translation by – Jivamukti Berlin GmbH Team