FOKUS DES MONATS JANUAR 2017: NEUER BEWEGUNGSSPIELRAUM

by David Life |
January, 2017
Du kennst die Geschichte von dem Schüler, der zum Lehrer sagt: „Ich habe acht Jahre bei dem-und-dem und zwei Jahre bei Soundso gelernt, und ich weiß alles über dies und das, und noch darüber hinaus”. Während er spricht, schenkt der Lehrer eine Tasse Tee ein. Der Schüler fährt mit seinen Qualifikationen fort und erklärt, warum der Lehrer ihn unbedingt unterrichten sollte. Währenddessen schenkt der Lehrer weiter den Tee ein, die Flüssigkeit fließt jetzt über die Tasse hinaus, verbreitet sich über den Tisch und trieft auf den Schüler. “Was machst du da?” fragt der Schüler. “Bist du verrückt? Warum hast du das gemacht?” Der Lehrer lacht und sagt: “Du bist wie diese Tasse. Du bist schon voll, und ich kann dich nicht unterrichten. Es wäre wie der Versuch, noch mehr Tee in diese Tasse zu füllen; das wird nicht passieren.“
Loslassen, sich von einer eingeschränkten Bewegungsweise zu lösen, ist notwendig, um aufs Neue gefüllt werden zu können. Voraussetzung für diesen Leerungsprozess ist das Aufgeben. Aufgeben hat für uns einen negativen Beiklang. Es bedeutet meistens, dass wir verloren haben. Doch tatsächlich ermöglicht es uns, die Dinge wie sie waren, loszulassen und für Neues in jedem Moment dessen Erscheinens empfänglich zu sein. Wir können unseren Bewegungsradius erweitern und somit neue Möglichkeiten und Gedanken in unserem Geist schaffen.
An unseren Bewegungsweisen können wir erkennen, wie unsere Kultur uns beeinflusst hat.�An manchen Orten schüttelt man Hände, während es an anderen als unangemessen gilt. Es gibt Unterschiede darin, wie Frauen und Männer sich bewegen, wie Menschen untereinander Signale geben und miteinander umgehen. Diese Umgangsweisen sind erlernt. Mit zunehmendem Alter haften wir immer mehr an dem von uns erschaffenen Konstrukt aus Einschränkungen und Möglichkeiten. Es wird enger und unzugänglicher, wenn wir täglich immer nur denselben Weg verfolgen.
Eine neue Art der Zukunft zu begegnen, liegt darin, Möglichichkeiten zu erweitern, statt sie zu begrenzen. Tatsächlich gibt es tausend verschiedene Routen auf dem Weg zur Arbeit statt immer wieder derselben, jeden Tag. Der Schlüssel ist, nicht festzuhalten an der Art und Weise, wie wir unser Leben schon immer gelebt haben. Die meisten unserer Entscheidungen entstehen in der Gestalt, wie wir vorprogrammiert wurden, und nicht mit Spontaneität, Kreativität und Originalität.� Wenn Du mit Schriftstellern, Musikern oder Tänzern aufgewachsen bist, könntest Du eher dazu geneigt sein, aus dem universellen Bewusstsein zu schöpfen, und dein Leben kreativ zu gestalten, statt wiederkehrende alte Ideen zu verfolgen.
Wir möchten alle wissen, wie wir uns weiterentwickeln können, ohne andere dabei zu verletzen. Es ist gut für uns und gut für die Erde. Wir wollen uns und unser Dasein möglichst vielgestaltig an der Erde ausrichten, so das wir möglichst viele Positionen einnehmen können; umgekehrt, rechte Seite oben, halb gedreht. Dies sind sehr kraftvolle Dinge, die wir mit unserem Körper machen können. Sie können unser inneres Programm zurücksetzen, und die Liste der Optionen möglicher Lebensweisen erweitern. Wir haben alle gewisse Vorurteile im Hinblick darauf, was wir können. Zum Beispiel gibt es den Gedanken “Ich habe sehr wenig Kraft in meinem Oberkörper.” Das ist keine Tatsache. Das ist eine Idee. Es geht nicht darum, Gewichte zu heben. Es ist viel eher eine Frage der Möglichkeiten, die Du bereits für Dich entschieden hast. “Eine Welt ohne Frieden? Unmöglich!” Solange Du diesen Gedanken hast, wirst Du in einer Welt leben, in der es unmöglich ist, ohne Krieg zu leben.
Nimm das Hüftgelenk als Beispiel. Der potentielle Bewegungsspielraum ist groß, aber wenn du im Leben fast nur am Tisch sitzt und kaum herumläufst, dann sind die deren Bewegungsoptionen für dich eher gering. Das Gelenk kann sein volles Potential nicht erfahren. �Dieser eingeschränkte Bewegungsradius findet sich im Gehirn und Nervensystem wieder. Ähnlich begrenzt kann dann unsere Fähigkeit sein, neue Lebensweisen zu verstehen, anzunehmen und zu akzeptieren. Die Einschränkungen des Körpers spiegeln die Einschränkungen des Geistes wider.
Üblicherweise passiert folgendes: der Geist erzeugt aufgrund seiner Begrenztheit eine gewisse Aktion. Das Sanskrit Wort für Aktion (Handlung) heißt Karma und umfasst jegliche Form von Handlung: Wort, Gedanke, tatsächliches Vorgehen. Das Gesetz von Karma besagt, dass jede Aktion Kreise zieht, nachhallt, um schließlich zu uns zurückzukommen. Wenn Du einen Kieselstein auf eine Wasserfläche wirfst, entstehen diese Wellen. Sobald sie den Rand der Wasserfläche erreicht haben, kommen sie zu ihrem Ausgangspunkt zurück. So sind alle Aktionen, die wir in diesem und in vergangenen Leben vollbracht haben, in diesem Körper. Das Ergebnis sind Restriktionen, Enge, ein eingeschränkter Geist. Die Unfähigkeit, kreativ, spontan zu sein, neue Möglichkeiten zu erfinden, ist auf diese vergangenen Aktionen zurückzuführen. Die Yogapraxis erlaubt uns, mit vergangenen Aktionen abzuschließen. Lass sie raus!
David Life
Copyright Deutsche Übersetzung: Jivamukti Berlin GmbH. Die englische Originalfassung findet sich unter https://jivamuktiyoga.com/focus.
 
Translation by – Jivamukti Berlin GmbH Team