Fokus des Monats Juni & July 2018: Magic Ten & Beyond

by Sharon Gannon |
June, 2018

abhyāsa vairāgyābhāṃ tan nirodhaḥ

„Das Zur-Ruhe-Kommen aller vrittis, allen Denkens oder jeder Veränderung des Geistes, entsteht durch die kontinuierliche innere Praxis des Selbst – Aufenthaltes, dem Sich – Aufhalten im „ICH-BIN“: jenseits von Körper und Geist und durch Nicht-Anhaftung mittels klarer Unterscheidungskraft.” – PYS (Kommentar von Shri Brahmananda Sarasvati) 

Magie passiert dann, wenn es eine Veränderung der Wahrnehmung gibt, der Wahrnehmung von dir selbst, anderen und der Welt. Für den Yogaübenden ist diese Veränderung einen Schritt weg von der falschen Identifikation mit dem Temporären, hin zu dem, was immerwährend ist. Jeder ernsthafte Künstler oder Wissenschaftler weiß, dass sowohl Übung als auch Demut notwendig sind um erfolgreich zu sein und sich in seiner Kunst wohlzufühlen. Letztendlich ist die Erkennung des Selbst eine Reise des Einzelnen nach Innen und deshalb sollten wir uns in Unabhängigkeit üben (engl.: independence = in + dependence (Abhängigkeit) = depenedence inward (Abhängigkeit nach Innen)). Diese innere Reise ist eine Reise in Richtung des immerwährenden atman und damit eine zeitlose Reise ohne Ende. The Magic Ten & Beyond ist ein Praxisbuch, das dem Reisenden der Unendlichkeit eine Anleitung bietet. 

Durch Wiederholung wird die Magie gezwungen, sich zu zeigen. Damit eine Praxis süße Früchte trägt, muss sie regelmäßig gemacht werden, am besten täglich. Sie sollte zu einer Gewohnheit werden, so wie Zähneputzen. Und genauso wenig wie Zähneputzen muss eine tägliche Yogapraxis nicht den ganzen Tag dauern. Mach sie am besten gleich als Erstes am Morgen und erlaube es den positiven Effekten, sich den ganzen Tag über zu zeigen und zu entfalten. Falls es dir aber nicht möglich ist, gleich am Morgen zu üben, dann mache es später oder direkt vor dem Schlafen gehen. Das Wichtigste ist, dass du es überhaupt machst. Nach einer gewissen Zeit regelmäßiger und kontinuierlicher täglicher Praxis, zusammen mit einer Loslösung von erwarteten Resultaten, werden die positiven Effekte immer größer werden und von alleine wachsen. Abhyasa bedeutet, sich mit etwas lange Zeit auseinanderzusetzen und vairagya bedeutet Nicht-Anhaftung oder Loslösung. Zu Üben, während man sich nicht um die Resultate der Praxis kümmert ist der Weg des Yogi, der weiß wie er Loslassen kann, um Gott wirken zu lassen ( „Let go and let God“). Wenn du Willens bist, dich der Regelmäßigkeit deiner Praxis zu verschreiben und ihre Früchte loszulassen dann ist dir Transformation sicher. Diese Transformation entsteht immer subtil und schrittweise, aber sie ist dir sicher. Gib dein Bestes und lass Gott den Rest machen („Do your best and let God do the rest.“) 

Yoga bedeutet deine Verbindung zum wahren Ursprung – immerwährendes Glück: die Art von Glück, die nicht von irgendetwas abhängig ist. Die Yogalehren besagen, dass es in jedem lebenden Wesen eine ewige Seele gibt: atman. Die Yogapraxis ermöglicht es, uns wieder mit dieser ewigen Seele zu vereinen und zu verstehen, dass unser sterblicher Körper nicht das ist, was uns wirklich ausmacht, er ist nur der Aufenthaltsort unserer unsterblichen Seele. Mit der Zeit transformiert die Praxis unsere Wahrnehmung dessen was wir sind auf alchemistische Art und Weise: Vom Macher zum Teilnehmenden. Der erleuchtete Yogi lebt in dieser Welt als ein Instrument des Lichtes der Wahrheit. Es gibt viele Yogapraktiken, die eine Person während dieses magischen Erinnerns daran, wer er oder sie wirklich ist begleiten können: Einige dieser Praktiken erforschen wir in diesem Buch (Magic Ten & Beyond) in Form von Mantras, Gebeten, Segenswünschen, Affirmationen, Visualisierungen, Asanas, Tanzschritten, Kriyas, Pranayama, Meditation, Tiefenentspannung und die Vögel zu füttern. 

Das Sanskritwort sadhana bedeutet „bewusste spirituelle Praxis“. Das, was eine Yogapraxis von einer physischen Fitness-Übungsreihe unterscheidet, ist die Intention, deine Absicht. Wenn du irgendeiner Tätigkeit mit der bewussten Absicht nachgehst, dich näher an den Zustand der Erleuchtung zu bringen, dann ist es sadhana. Sadhana ist nie etwas, dass du nur für dich selbst machst. Es geht immer darum, über dein kleines Selbst hinaus zu gehen, dein von dir getrenntes Ego–Selbst, um zu Erkennen, dass du Teil eines größeren göttlichen Selbsts bist. Ohne die essentielle Zutat bhakti, die Hingabe oder Liebe zu Gott, die dir hilft, das „Der-Macher-Zu–Sein“ hinter dir zu lassen, könnte deine Praxis weiterhin ego- und zielorientiert bleiben, und du könntest dich weiterhin mit deinem Körper und Geist identifizieren, umhergeschleudert von den Auf und Abs des Lebens, gefangen in der weltlichen Realität und der Jagd nach vergänglichem Glück durch materielle Anhäufung und dem Vergessen, wer der wahre Macher ist: das höchste Selbst. 

In diesem Buch beschreibe ich auch einige meiner Ideen bezüglich der Geschichte des Yoga und meine Spekulationen darüber, ob es eine mögliche Verbindung zum antiken Ägypten gibt. Vor zehn Jahren führte mich dieser Gedanke nach Ägypten. Während ich in den Pyramiden im Grab des Königs lag, hatte ich eine „out-of-body“ Erfahrung. Einen Tag später, beim Besuch des Kairo Museums sah ich das Gemälde einer Yogini, die, so schien es, eine Asana übte. Ich traf einen Ägyptologen, der mir einen magischen Kreis zeigte, der Kartusche genannt wird, auf dem zehn Hieroglyphen zu sehen waren, die, so schien es mir, Yogaübungen beschreiben könnten.

Original im Englischen: Sharon Gannon 
(Co – Founder der Jivamukti Yoga Methode und Autorin des Buches „Magic Ten & Beyond“ )

Übersetzung ins Deutsche: Moritz Ulrich
Peace Yoga Berlin – Jivamukti Yoga School